Eine seltsam heiße Aufregung hatte mich durchflutet, als wir wieder auf den Hof gefahren waren. Alles war so vertraut, auch wenn ich noch gar nicht so lange hier lebe. Der Abschied von Christoph war kurz gewesen, mit dem Versprechen, dass er mich bald besuchen würde.
Ich lenkte meine Schritte gezielt zu Tempelritter. Ich war ihn noch nie geritten und brannte geradezu auf diese neue Herausforderung. Dunkle Augen blickten mich aufmerksam an, als ich ihm sein Halfter überzog und ihn zum Anbindeplatz führte. Er war wirklich ein schönes Pferd und wenn er sich auch noch so gut reiten ließ, wie es immer hieß, dann verprach das hier ein guter Tag zu werden. Viel zu putzen gab es nicht, doch trotzdem nahm ich es sehr ernst. Erst striegelte ich ihn, dann kamen die Kardätsche und die Wurzelbürste. Schmunzelnd sah ich, wie seine Augen immer kleiner wurden und er schließlich ganz entspannt dastand. Zumindest, bis ich an die Hufe ging. Zwar war er brav, doch er hätte mehrmals fast sein Gleichgewicht verloren. Schließlich holte ich Sattel und Zaumzeug. Einen Moment betrachtete ich staunend das feine Leder, dann machte ich mich auf den Weg zurück zu Tempelritter. Er ließ sich gut aufsatteln und auftrensen.
Ich führte Tempelritter auf den Dressurplatz und stieg auf. Als ich wie gewohnt eine kräftige Hilfe zum Anreiten gab, schoss er so plötzlich los, dass ich fast eine kostenlose Flugstunde bekommen hätte. Er war ganz anders als Queen. Ich parierte ihn durch und gab noch einmal, diesmal wesentlich leichter, die Hilfe zum Anreiten. Tempelritters Schritte waren fließend und leicht, er arbeitete schon am langen Zügel fleißig mit. Ich nahm die Zügel auf und wir trabten an. Ein Zirkel, fünf Schlangenlinien durch die ganze Bahn, eine Volte. Für Tempelritter schien es nichts einfacheres zu geben. Schon nach fünf Minuten hatte er den Kopf unten und kaute zufrieden auf dem Gebiss. Ich lenkte ihn mithilfe von Gewichtshilfen in die Mitte und versuchte eine Vorderhandwendung. Es klappte hervorragend, auch wenn ich, erneut überrascht durch seine Willigkeit, fast seitlich aus dem Sattel gekippt wäre, Knieschluss hin oder her. Ich trabte erneut an und machte Schenkelweichen, dann Schulter herein. Es war einfach irre, was dieses Pferd alles konnte. Nachdem ich sicher war, dass Tempelritter völlig gelöst war, gab ich die Hilfe zum Angaloppieren. Er hatte einen ruhigen Galopp, versammelt und weich zu sitzen. Erneut ritt ich einen Zirkel, dann parierte ich zum Trab durch und wagte eine Traversale. Und siehe da: Es klappte!
Glücklich trabte ich wieder leicht und ritt trocken. Nachdem ich abgestiegen war, brachte ich Tempelritter zurück zum Anbinder, sattelte und trenste ihn ab und überprüfte seine Hufe auf Steine. Da ich nichts fand, striegelte ich ihn noch einmal über, steckte ihm ein Stück Möhre zu und brachte ihn zurück in seine Box.